Emil, das Überraschungsei

Des Rätsels Lösung oder Emil, unser Überraschungsei

Update 13.07.2012:

Lange habe ich in dieser Rubrik nichts mehr geschrieben - aber es ist seit dem Einiges passiert.

Seit Dezember haben wir nun endlich die optimale Dosis des Schilddrüsenmedikamentes für Emil gefunden und er ist vom ganzen Verhalten her stabiler geworden.  Im September letzten Jahres hat er einen Kastrationschip gesetzt bekommen und nachdem 3 Wochen sich irgendwie alles verschlimmert hatte (normale Reaktion...), war er danach deutlich entspannter. Sorge machte mir im letzten Herbst, dass es auch bei Spaziergängen im Freilauf Probleme mit anderen Hunden gab und suchte Rat bei Kathleen Schneiderheinze von der Hundeschule Eckernförde. Kathleen hat uns sehr geholfen und erkannt, dass er absolut unsicher gerade im Erstkontakt mit fremden Hunden war und "verordnete" bis zum Frühjahr keinerlei Fremdhundkontakte, damit er erstmal zur Ruhe kam. Und das haben wir - bis auf kleine, nicht vermeintbare Ausnahmen, auch durchgezogen; haben von Ende Oktober bis in den April rein ihn immer zur Seite genommen oder an die Leine.  Fazit: Es war genau das Richtige. Im April haben wir das "Fremdkontaktverbot" gelockert und nun darf er wieder zu anderen Hunden hinlaufen. Ich fahre absichtlich in Gebiete mit vielen freilaufenden Hunden wie z.B. Hundestrände und die Begegnungen sind fast ausschliesslich postiv oder zumindest neutral. Bei einem weiteren Treffen mit der Trainerin musste ich auch erkennen, dass ich sozusagen die "Hüterin seiner Individualdistanz" geworden bin und es sich eingebürgert hat, dass ich viel zu früh und oft eingreife. Jetzt mache ich normalerweise folgendes: Nichts. :-) Ich lasse ihn einfach mal laufen und verfalle nicht gleich in Panik, wenn er sich steif macht oder grummelt. Es ist zu merken, dass ich bei fast jedem Hundekontakt etwas versucht habe zu steuern - denn Emil kommt vorher und währendessen oft zu mir angelaufen und wartet. Es heisst natürlich nicht, dass er jeden Hund toll findet - er zeigt demjenigen auch, dass er ihn nicht mag - aber alles bleibt im Rahmen, nur sehr lästige und aufdringliche Zeitgenossen bekommen es dann etwas deutlicher gesagt. Auch Standard auf dem Hundeplatz: Wir kommen auf dem Platz und manchmal grummelte er kurz, wenn wir auf die anderen Hunde stiessen - da habe ich ihn immer gleich korrigiert und sowohl ich als auch Emil bekamen "schlechte Laune". Ich dachte, ich muss es sofort korrigieren, alleine wg. dem anderen Hundeführer - aber ich ignoriere kurzes Grummeln und strahle lieber gute Laune aus, er beruhigt sich eigentlich auch ziemlich schnell. Bei unserer Freitagsgruppe gehe ich mit ihm nun ohne Leine auf den Platz und er hat mit den 4 anderen Rüden Freundschaft geschlossen - er ist zu ihnen hingegangen und hat sie freundlich begrüsst und mit einer Grosspudelhündin hat er nun schon einige Male ausgelassen getobt. Grundsätzlich ist er schon noch angespannter auf dem Hundeplatz, aber es ist deutlich entspannter geworden. Blöd ist (bzw. wird es auch sicher bleiben) Kontakt an der Leine - auch wenn die Hunde nur zu dicht kommen, das kann er nach wie vor nicht leiden, nur mit gut bekannten Hunden. Aber auch bei den Agility- oder Obedience-Turnieren läuft alles ganz unproblematisch mit ihm, er freut sich auf die "Arbeit" und nimmt die anderen vielen Hunde billigent in Kauf. Im Moment ist es bei Hundebegegnungen so entspannt geworden, dass Emil sich nicht als erste Reaktion steif macht, sondern die Rute fängt an zu wackeln. Im Ganzen kann man wirklich sagen, dass die Lebensqualität für uns und auch die Hunde dadurch enorm gestiegen ist.

Update 08.09.2011:

Die letzten Monate hatte ich so ein bisschen das Gefühl, Emil durchläuft verschiedene Phasen & Entwicklungen im Eiltempo! Teilweise war er in jede Hündin und besonders kastrierte Rüden verliebt und es war kein Arbeiten möglich, da er nur am Fiepen und Dauerwedeln war, oder wollte seine Ruhe haben und gab den anderen Hunden zu verstehen "nicht näher kommen, hier wird gearbeitet!". Seit Mai hat er sich nun auf andere unkastrierte Rüden eingeschossen und droht Ihnen. Der Klassiker. Ausser bei Rüden, die er bereits kennt - da ist er unverändert unterwürfig und besonders seinen Bruder Mika und einen BC-Mix Rüden aus unserem Dorf liebt er heiss und innig, die dürfen ihn auch gerne zurechtweisen. :-) Beim Spaziergang an der Leine wurde er die letzten Wochen ziemlich ätzend bei Hundebegegnungen allgemein, da habe ich mir nun Rat geholt und es klappt schon ganz gut. In unseren versch. Hundegruppen ist es sehr unterschiedlich: Mal möchte er seine Ruhe, da möchte er keinen Kontakt mit den anderen Hunden; mal bändelt er an; neulich hat er nach der Stunde -ich war happy - ganz ausgelassen mit 2 Hündinnen gespielt ...und das Teilweise mit den gleichen Hunden, mal so, mal so. Ich weiss nicht, woran er es fest macht oder ob es an seiner Tagesform liegt. Es ist jedes Mal wieder eine Überraschung - ich hoffe, es wird mt der Zeit etwas konstanter.  Fakt ist auf jeden Fall, dass er in sich noch nicht gefestigt ist (klar, er ist mit 3 Jahren ja eigentlich erst "fertig" - aber ich habe so das Gefühl, er "hängt" im Gegensatz zu anderen Rüden um ein paar Monate in der Entwicklung) und manchmal eher unsicher. Andere Hunde dauerbellen, Emil kommt halt eher ein Knurren üben die Kehle, so ist es nunmal. Er wird sicher immer etwas angespannter sein auf Hundeplätzen, aber die Hauptsache ist: Der Wunsch und die grosse Freude, gemeinsam mit Frauchen zu arbeiten, überwiegt alles andere. Wenn er erwartungsvoll zu mir hochschaut und wartet, bis er wieder dran ist, er nun im Stande ist, das andere auszublenden - das macht mich happy. Nun ist es möglich, auch gemeinsamt Spass am Unterricht oder Seminaren zu haben - bald steht seine erste Prüfung an, da bin ich gespannt, wie es läuft. Er ist die letzten Monate eine riesengrosse Schmusebacke geworden und scheint sichtlich zufrieden mit sich und der Welt, wenn er sich abends auf dem Rücken räkelt, auf Clownie macht und dabei seine Stofftiere jongliert. Für uns ist er - nach Cassy natürlich - der wunderbarste und liebenswerteste Hund der Welt!

Emil ist nicht immer einfach - aber manchmal schon. Gestern Abend waren wir z.B. am Hundestrand in Eckernförde - irgendwie treffen wir bei uns in der Gegend wenig freilaufende Hunde und da wollte ich es mal wieder wissen. Sieben wildfremde Hunde haben wir getroffen. Und? Nix war los. Kurze freundliche oder neutrale Begrüssung, kurz getobt und weiter. Auf 2 Rüden ist er auch getroffen. Kurz vorher hat er wohl gemerkt, dass es sich um sein momentanes Feindbild handelt und hat die Rute angelegt und sich schnell getrollt. Der eine kam hinterher - daraufhin hat er sich stocksteif gemacht, sich abschnüffeln lassen und als der andere Hund fertig war, langsam weggeschlichen und sich geschüttelt. Pff, ja, er ist ein doller Kämpfer.... Diese Situation zeigte deutlich, dass - wenn er die Möglichkeit hat - Ärger aus dem Weg geht und eigentlich kein Krawallsucher ist. In den nächsten Monaten werden wir nun öfter solche Freilaufgebiete aufsuchen bzw. uns mit grösseren Gruppen verabreden. Ich glaube, dass wird ihm (und uns) gut tun und ist sicher ein wertvolles Training. Wenn ich das letzte halbe Jahr zurückblicke, hat sich viel getan und ich muss auch lernen, Geduld zu haben. Unser dauerhaftes Ziel: Auf Hundeplätzen etwas mehr Neutralität - er muss ja nicht jeden Hund lieben...

Seine Augen sehen auf jeden Fall gut aus, seine Öhrchen wippen beim Laufen - es geht ihm gut zur Zeit. Trotzdem werde ich in den nächsten Wochen mal wieder seine Schilddrüsenwerte überprüfen lassen, bin gespannt.

 

Update 23.06.2011:

Seit einigen Wochen ging es Emil nun richtig gut - nur letzte Woche, ganze 3 Tage, nicht. Er blieb wieder bei der Rückkehr vom Spaziergang blinzelnerweise auf dem Gehsteig stehen, die Ohren hingen runter, er unterwarf sich wieder grundlos und ein Tag beim Training war wieder schwieriger... "Scheisse" ist das Erste, was einem einfällt. Aber irgendetwas war. Unsere Ärztin hat daraufhin getestet und herausgefunden, dass er eine Überempfindlichkeit gegen versch. Metalle hat, welches er oral aufnimmt. Tja, und wir hatten den Hunden extra Metallschüsseln gekauft, weil wir das hygienischer fanden. Auf jeden Fall ist er gegen das Material seiner FuSchü unverträglich und alle paar Wochen ist ihm das wohl "auf den Magen" geschlagen und er hat u.a. richtig Bauchweh bekommen. Nun darf er sein Futter aus einer Steingutschüssel schlabbern. :-) Da soll man mal drauf kommen... Tja, und seit Freitag?! Puppenlustig der junge Mann. Das Training machte wieder richtig Spass, so gut wie keine Probleme mit anderen Hunden (ausser gelegentliches Grummeln). Man möge mir BITTE verzeihen, wenn ich teilweise dämlich grinsend halbherzig hinter Emil herdackel, um ihn von einem anderen Hund / Hündin wiederhole, den er anspielt - ich freu´ mich darüber einfach so sehr, als dass ich streng durchgreifen kann. Wir arbeiten dran. :-) Unser aktueller Stand beim Training: So lange alle ihre Hunde bei sich behalten bzw. mit ihnen arbeiten, alles gut. Sicher ist er nach wie vor angespannter auf dem HuPlatz, als wie beim Spaziergang und wenn alle ihre Hunde "mal eben zusammen laufen lassen", wie oft üblich, da ist er noch überfordert bzw. das stresst ihn noch zu sehr. Aber das finde ich in Ordnung - so lange er beim Arbeiten oder an der Leine neutral bleibt, bin ich glücklich. Aber in allen Gruppen hat er mindestens einen Kumpel (oder Kumpeline, die er beflirtet) und das zeugt davon, wie entspannt er mittlerweile ist - in den Monaten Oktober - März 2011 noch unvorstellbar. Ich habe angefangen vor einigen Wochen, Schulnoten für die Unterrichtstunden zu verteilen (nicht, wie doll er gearbeitet hat, sondern wie sein "mentaler Zustand" war bzw. wie er sich verhalten hat ) und ich konnte schon einige 1er vergeben. Das einfach, um unsere Fortschritte / Stabilität festzuhalten.  Heute, in einer Agi-Stunde, habe ich wieder gedacht "Ü-Ei passt" - da hat er beim Arbeiten vor Aufregung gequiekt wie ein Welpi, was alle überrascht hat. Ja, habe wieder blöde vor mich hingrinsend mit dem Stinker gearbeitet - da er heute kein Problem damit hatte, ziemlich eng, ohne grossen "Sicherheitsabstand", mit für ihn unbeliebte Hunde zu arbeiten. Bin stolz auf ihn! Und Agi ist das Grösste , nur müssen wir noch an seiner Geduld arbeiten, an meiner Ruhe - denn Schnelligkeit ist nicht unser Problem.

 

 

Kosel, Ende Mai 2011

Hinter uns liegt eine schwierige Zeit... Ich schreibe regelmässig aktuelle Dinge, und das ein oder andere Mal habe ich Andeutungen gemacht - irgendetwas war nicht in Ordnung, aber wir mussten selber erstmal herausfinden, was es war.

Zusammenfassend vorweg genommen: Emil war bzw. ist sozusagen krank. Er hat kein gebrochenes Bein oder Schnittwunde, nichts, das man sehen konnte - sondern das Problem beeinflusste hauptsächlich sein Verhalten. Wie sich herausstellte, funktioniert seine Schilddrüse nicht so, wie sie eigentlich sollte.

Aber ich beginne mal von Anfang an.

Erst entwickelte sich Emil ganz normal. Er war ein frecher, wilder Border-Collie-Welpe, der zwar körperlichen Kontakt nicht sehr schätzte, aber durchaus anhänglich war. Er war unerschrocken, neugierig und vor neuen Dingen, die uns draussen über den Weg liefen, wie z.B. Müllsäcke, Trecker oder Kinder mit Rutscheautos hatte er keinerlei Angst. In der Welpenschule war er recht keck, sass auch gerne mal auf den anderen Hunden obenauf, um ihn zu zeigen, wer der Chef ist - er wusste, was er wollte. Er machte gut mit und für ihn waren die Donnerstagabende toll. Wir achteten darauf, dass er viel kennenlernte, auch die unterschiedlichsten Hunde, verschiedene Orte - aber bemühten uns auch, ihn nicht zu überfordern und ihm seine Grenzen aufzuzeigen, Regeln aufzustellen. Kurzum: Wir legten auf eine gute Sozialisierung wert. Er machte - ich kann sagen, bis heute nicht - keine nenneswerten schlechten Erfahrungen und die Hunde, mit denen er zusammentrifft, sind fast ausnahmslos alle durch und durch gut sozialisiert.

Ich habe mich im Vorfeld damit auseinandergesetzt, welche möglichen und rassespezifischen Probleme und schwierige Verhalten auf uns zukommen könnten, war auch bereit, mich damit auseinanderzusetzen und ggf. umzulenken.

Die ersten Probleme begannen im Juni 2010. Da war er 5 Monate alt.   Aus heiterem Himmel konnte er bei Hundebegegnungen die typischen Begrüssungsrituale nicht mehr ertragen - auch mit bekannten Hunden teilweise.  Sofort hielt ich mit unserer Trainerin Kriegsrat und sie riet uns, das ganze sanft anzugehen, da es offensichtlich war, dass er Stress, Angst hatte. Bei Spaziergängen baten wir die Leute von freilaufenden Hunden, diese zu sich zu nehmen und wir gingen aneinander vorbei.  Wenn Leute ihre Hunde nicht rufen konnten, hielt ich sie davon ab, zu Nahe zu kommen - um ihm zu zeigen, er kann uns vertrauen. Emil und ich besuchten die verschiedenen Gruppen in der Hundeschule, übten ganz langsam das "Zusammentreffen" und halfen ihm, damit umzugehen, solche alltäglichen Begegnungen zu ertragen und ihm aufzuzeigen, dass nichts passiert. Damals sagte ich schon scherzhaft, diese Gruppen seien unsere Therapiegruppen. Hätte ich vielleicht nicht so laut sagen sollen... Das klappte sehr gut, die anderen Hundebesitzer waren sehr verständnisvoll und halfen tatkräftig mit ihren Hunden mit. Der Stress wurde besser, Emil spielte auch wieder mit anderen Hunden und entspannte sich wieder. Beim Spaziergang hatten wir so gut wie keine Probleme mehr und im August / September 2010 beruhigte sich auch die Situation in der Hundeschule. Ich war zufrieden und glücklich. Zeitgleich im Juni begannen Probleme mit dem Magen / Darm. Wiederholt bekam Emil Probleme mit Durchfall und teilweise zeitgleich mit einer Augenentzündung. Die Schuld suchte ich bei mir - wahrscheinlich hatte er irgendetwas bekommen, was er nicht vertrug, oder irgendwo was geklaut, oder schlicht und ergreifend empfindlich.  Aber als Hundebesitzer leidet man doch mit...

Im Oktober 10 ging es dann wieder los. Oder besser gesagt, dann kam das dicke Ende. Zu dem Zeitpunkt war Emil 9 Monate alt. Natürlich waren die ersten Gedanken "Pubertät, Rüpelzeit, Grenzen austesten etc.". Ich war nur immer geknickt, da die anderen Rüdenbesitzer anscheinend damit keine Last hatten. Beim Treffen am Strand mit unserer bekannten Hundegruppe, mit den gleichen Hunden, mit denen er Wochen zuvor gespielt hatte, drehte er an der Leine komplett ab. Vollkommend erschrocken wies ich ihn in seine Schranken, ziemlich erfolglos. Kurze Zeit später liessen wir die Hunde laufen - und nichts war los, es wurde zusammen getobt. Ziemlich zeitgleich gründete sich eine neue Obedience-Gruppe, bei der Emil und ich mitmachten. Am Anfang war es noch relativ enspannt, aber es wurde schlimmer. Mit den Hunden aus der ehemaligen Welpengruppe konnte er nicht mehr spielen, er verschaffte sich immer grösseren Abstand und wenn ihm ein Hund zu Nahe kam, wurde er angeknurrt (und da war es egal, ob Rüde oder Hündin). Während die anderen gleichaltrigen Hunde noch miteinander tobten, bekam Emil immer mehr Stress., sondert sich ab. Wieder hielt ich Rücksprache mit unserer Trainerin - die Hoffnung, dass sein Verhalten sich im Laufe der Pubertät wieder geben würde, war zwar da - aber sein Verhalten, der Stress, war schon speziell. Wieder versuchten wir es mit Sensibilisierung in den "Therapiegruppen". Aber leider diesmal erfolglos... Ich besuchte mit ihm auch ein paar Ausstellungen - dort wechselte er einen Tag von Dr. Jekyll zu Mr. Hyde: Entweder knurrte er jeden Hund an, der in der Umgebung stand oder er war zum Knutschen sanft und entspannt. Im Dezember und über Weihnachten fiel sowieso fiel aus und so gönnten wir uns eine kleine Trainingspause. Recht auffallend im täglichen Umgang zu Hause war, dass er grundlos unterwürfig war und manchmal sehr nachdenklich, richtig depressiv wirkte, er hatte traurige Augen.

Zum Verhalten kamen noch zwei Dinge dazu: Ab Anfang November hatte Emil über zwei Monate lang (wieder) starke Verdauungsprobleme, fast täglich Durchfall und begleitend dazu Augenentzündungen. Ausserdem liess seine Muskelatur zu wünschen übrig, er zeigte gewisse Schonhaltungen. Wieder machte ich mir Vorwürfe - was habe ich falsch gefüttert?! Auf was reagiert er nur so empfindlich? Alle Hausmittel und Diäten schlugen ins Leere. Unsere TÄ vermutete Giardien und so wurde er darauf behandelt. Leider nur mit mässigem Erfolg. Eigentlich fütterten wir gutes Trockenfutter, bzw. eine rohe Mahlzeit. Um ihm das bestmögliche Futter zu gewährleisten, stellte ich die Hunde im Dezember 10 auf die Rohfütterung um und arbeitete einen Ernährungsplan aus. Es war eine gute Idee, wie sich rausstellte, das neue Futter tat ihm gut. Für den Muskelaufbau fuhr ich mit ihm 2 x die Woche auf ein Unterwasserlaufband, eine Wohltat für ihn, und endlich nahm der Spargeltarzan etwas zu.

Ganz schön viele Dinge für einen Einjährigen... Aber es ging noch weiter.

Im Januar 2011 begann das Training wieder. Und sein Verhalten verschlimmerte sich. Besonders schlimm in unserer Samstagsgruppe. In entspannter Athmosphäre trafen wir uns mit 5 anderen jungen Hunden, alles Hündinnen. Er war kaum noch in der Lage, irgendetwas mitzuarbeiten. Man hörte nur noch sein knurren bzw. dröhnen, entweder versteckte er sich hinter mir oder er flüchtete in eine Ecke. Die anderen Hunde anschauen war unmöglich - er drehte sich weg, guckte woanders hin - er hatte unglaublichen Stress, gruselte sich vor den anderen Hunden. Kam ihm ein Hund zu Nahe, drohte er oder ging auch nach vorne. Wir dachten, mit Geduld, Einfühlvermögen und Gewöhnung wird es besser. Weit gefehlt! Auch eine Korrektur war in den Momenten nicht möglich, er war nicht ansprechbar.

Es war schlimm, ich war verzweifelt.  Ich hatte schlaflose Nächte und zermaterte mir das Hirn, was schief gelaufen war. Was hatte ich falsch gemacht, wie konnte ich ihm helfen? Was war der Grund für den Stress? Es gab auch Hunde auf dem Hundeplatz oder in neuen Situationen- und da war es egal, ob in der Hundeschule, im Verein oder sonstwo, mit denen war garnichts los. Auch auf den Spaziergängen war er nach wie vor entspannt und absolut ein lieber, clowniger junger und absolut charmanter Hund, der die erwachsenen Hunde beschwichtigte und sich auch unterwarf, ganz viele Hunde zum Spielen aufforderte und sich schlicht und ergreifend freute, wenn wir fremden Hunden begegneten.  Wir waren auch gelegentlich in grösseren Hundegruppen unterwegs - auch das war kein Problem für ihn. Situationen, in denen ich den Atem anhielt, waren für ihn total easy - mit menschlicher Logik konnte man da nicht hinter kommen.

Der "Spaziergeh-Emil" und der "Hundeplatz-Emil" waren zwei verschiedene Hunde. Die anderen  Hundebesitzer hatten grösstenteils Verständnis, aber auch das grösste Verständnis ist irgendwann aufgebraucht, hat man einen knurrenden und drohenden Hund neben sich sitzen, und sei es aus Unsicherheit, das ist dann ja auch egal.  Die Leute, die wir täglich trafen, guckten genauso irritiert, wenn ich von seinem Verhalten auf dem Hundeplatz berichtete, wie anders herum.

Ich weiss nicht, was ich getan hätte, hätte uns Trainerin Rike nicht einen Wink gegeben... Wahrscheinlich hätte ich es irgendwann aufgegeben. Auch beim Agi-Training gab es regelrechte Ausraster den anderen wenigen Hunden gegenüber, er  steigerte sich richtig rein.  Es war in wahrsten Worten einfach zum Heulen. Ich stellte mir oft selber die Frage, ob es nicht egoistisch wäre, einfach weiterzumachen, es weiter zu versuchen. Was tat ich dem Hund an? Sollte ich nicht einfach akzeptieren, dass er fremde Situationen und den Unterricht nicht ertragen konnte und es aufgeben, nur spazieren gehen und für uns zu Hause etwas üben?Aber andererseits wäre das für mich wie aufgeben gewesen! Unser Emil war kein agressiver,  schwieriger Hund, er war ein Schatz und nett mit anderen Hunden,  das konnte es nicht gewesen sein. Ich wollte gerne meinem Border-Collie gerecht werden, mit ihm  zusammen arbeiten, ihn beschäftigen und auslasten und aus ihm einen glücklichen Hund machen, zusammen neue Dinge probieren, Seminare besuchen...

Ende Februar, nach einem weiteren schlimmen Training bzw. wir waren anwesend, unterhielt ich mich noch alleine mit unserer Trainerin und da wies sie mich auf einen Vortrag hin, den sie im puncto Hunde und Ernährung und auch im Zusammenhang mit der Schilddrüse gehört hat und riet uns, ggf. die Schilddrüsenwerte überprüfen zu lassen.  Ich weiss noch, ich war ziemlich überrascht, an solche Aspekte hatte ich bis dahin nicht gedacht.

Ziemlich ahnungslos habe ich mich erstmal in Sachen Schilddrüse belesen, da ich nicht wirklich viel darüber wusste. Man möge mir meine Ausführungen verzeihen - ich bin kein Mediziner, falls ich etwas falsch erkläre...

Ein paar Tage später waren wir zum Blutabnehmen und dann das Ergebnis: Sein T4-Wert lag unter der Norm, bei 0,8 (Normal 1,5 - 4,5). Ihm wurden Tabletten verordnet, Forthyron 200, und innerhalb von wenigen Tagen waren Verhaltensverbesserungen und -veränderungen auszumachen.  Er war fröhlicher, seine Augen wacher und der ganze Hund entspannter. Genau 20 Tage nach der ersten Einnahme der Durchbruch: In der "verschreckten" Samstag-Gruppe war er entspannt wie noch nie  zuvor und es schien, als wäre er aufgewacht und sehe die Hunde zum ersten Mal, er schaute sich alle Hunde - während diese arbeiteten, genau an.  Es war traumhaft toll! Ich war so glücklich, dass ich zu Hause eine Flasche Sekt aufmachte. :-) Ca. eine Woche weiter waren noch leichte Verbesserungen auszumachen, dann stagnierte die Verbesserung. Eine Blutabnahme mit grossem Schilddrüsenprofil zeigte, dass der T4-Wert auf 2,1 gestiegen war, in den mittleren Referenzbereich, aber sämtliche anderen Werte nach wie vor im Keller, im unteren Drittel der Norm, waren. Auf meine Frage hin, wie es weiter geht, wurde mir gesagt, dass die Werte nun normal wären und die Dosis so beibehalten werden könnte.

Leider kristallisierte sich heraus, dass das Wissen um Schilddrüsendinge nicht so bestellt war bei der TÄ. Ich quälte mich durch die Fachliteratur und versuchte zu verstehen und zu erörtern, wie wir weiter vorgehen könnten. Ca. 6 Wochen nach dem Anfang der Tablettengabe verschlechterte sich Emil´s Verhalten wieder. Er war unterwürfiger, stressanfälliger und er fing wieder vermehrt an, "dicht" zu machen in der Hundeschule, ihm ging es schlechter. Meine Hoffnung auf ein schönes Hundeleben bröckelte...

Nur auf die Schnelle: Die Schilddrüse regelt den Hormonstoffwechsel im Körper und eine Über-/Unterfunktion  kann zu diversen Krankheiten führen. Eine klassische Unterfunktion ist bekannt durch: Trägheit, schlechtes Fell, Gewichtszunahme. Aber eine beginnende Unterfunktion, bekannt als "Subklinische Unterfunktion" können bei vielen Hunden bereits, vor allem im Verhalten, zu Problem führen.

Schon Anfang April äusserte ich einer Bekannten meine Bedenken mit der richtigen Medikamentation, aber ich hatte keine Ahnung, wohin ich gehen sollte. Mir wurde eine TÄ in ca. 40 km Entfernung wärmstens empfohlen, die sowohl den Hund ganzheitlich behandt, sowie Akkupunktur durchführt. Leider war die TÄ auf Weiterbildung und verreist. Das Hundetraining wurde so schlimm, dass ich Emil nicht mehr aus dem Auto bekam. Der Stress war gross wie nie zuvor.

Anfang Mai hatten wir endlich einen Termin. Und seit dem geht es steil bergauf! Die Medikamentation war für den derzeitigen Status viel zu niedrig, er bekam zusätzlich ein Medikament, um das T3 zu erhöhen,  Hömopathische Dinge wurden unterstützend ergänzt und diverse Kleinigkeiten behandelt. Die körperlichen Dinge, wie Darmprobleme, Muskelatur, wenig Fell etc., hingen definitiv damit zusammen. Aus Emil ist nun ein grösstenteils fröhlicher, ausgeglichener, verschmuster und motivierter Jungrüde geworden, und wenn ich ihn heute so fröhlich auf so einer grossen Austellung sehe, er sieht mich jetzt mit klaren, wachen Augen an oder neben mir liegend auf dem Hundeplatz, begierig wartend, wann er wieder dran ist, zwischendurch einen anderen Hund anspielt - dann weiss ich,  auch wenn wir wieder Rückschläge bekommen,  wir sind auf dem richtigen Weg! Werde wieder berichten...

Ich denke, wir haben einfach Pech gehabt. Wie es mit den Medikamenten etc. weitergeht, weiss ich nicht. Die Hauptsache ist, dass es Emil ENDLICH gut geht - und mir bzw. uns damit auch! Rückblickend hatte ich mindestens soviel Stress wie Emil selber - oftmals bin ich mit Bauchschmerzen und auch Tränen in den Augen zum oder vom Training gefahren. "Spiessrutenlaufen" ist auch ein Wort, was ich oft gesagt habe.  Oft bin ich gefragt worden, wie lange ich ihn wohl schon habe, so nach dem Motto, kommt von "BC-in-Not", was für schlechte Erfahrungen er denn gemacht hat, das unterschwellige Unterstellen absoluter Unfähigkeit - alles Dinge, die ganz schön weh taten. Lass es Euch gesagt sein - so etwas gönne ich keinem....

Nun ist das mal raus... Deswegen ist Emil mein "Überraschungsei"!